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Ray Harryhausen - Biographie

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Keiner erweckte mehr Fabelwesen zum Leben. Ray Harryhausen verzauberte ein halbes Jahrhundert Kinobesucher mit phantasievollen Kreaturen. Dreißig Zentimeter große Modelle bewegten sich als riesige Saurier über die Leinwand, als ob sie lebendig wären. In seiner Blütezeit war er ein Star; noch heute, Jahrzehnte nach seinem letzten Film, gilt er als der Spezialeffekte-Meister.

Als Nachkomme deutscher Einwanderer wurde Ray Harryhausen am 29. Juni 1920 in Los Angeles geboren. In seinem dreizehnten Lebensjahr machte er eine Erfahrung, die auch für andere Filmemache wie Peter Jackson richtungsweisend war: Er sah "King Kong" und war fasziniert von den Spezialeffekten des Künstlers Willis O'Brien. Es dauerte eine Weile, bis er hinter das Geheimnis des Riesenaffens kam: Schaumgummifiguren mit beweglichen Gelenken wurden Bild für Bild in reale Szenen kopiert. Mit selbstgebastelten Modellen und einer geliehenen Kamera übte Harryhausen das Stop-Motion-Verfahren. Durch einen Bekannten gelang 1939 ihm der Kontakt zu O'Brien, dem er seine Versuche vorstellen durfte. In den nächsten Jahren lernte Harryhausen stetig dazu. Er belegte Kurse und drehte in seiner Freizeit Puppentrickfilme. Seine Liebe zur Leinwand rettete ihn vor der Front: Für das Signal Corps der Army wurden Übungsfilme benötigt.

Als O'Brien Ende der 40er Jahre mit "Panik um King Kong" begann, stellte er Harryhausen als Assistenten ein. Das erwies sich als Segen. Harryhausen studierte Gorillas im Zoo und hatte ein besonderes Talent, ihre Bewegungen im Einzelschritt-Verfahren nachzuahmen. Die meisten Animationen des Filmes waren schließlich von ihm. Die große Chance kam 1952 mit dem "Godzilla"-Vorläufer "Dinosaurier in New York". Harryhausen animierte ein atomar gewecktes Ungeheuer und verbesserte die Stop Motion um ein entscheidendes Detail: Die Rückprojektion mit den Real-Szenen wurden mit Hilfe der Split-Screen-Technik geteilt. Das Modell wurde wie bei einem Sandwich dazwischengelegt. Auf diese Weise konnten aus dem Hintergrund heraus Vordergrund- Elemente wie Hausfassaden und Autos vor das Monster gesetzt werden.

Der Produzent Charles H. Schneer wurde auf Ray Harryhausen aufmerksam. Er verpflichtete ihn für einen ähnlichen Streifen. Diesmal sollte ein riesiger Oktopus San Francisco zerstören. Der Film war der Auftakt zu einer Zusammenarbeit, die mehrere Jahrzehnte andauern sollte. Beide hatten nicht nur ähnliche Vorstellungen über Inhalte, sondern auch über Sparsamkeit. Man verzichtete auf teure Bauten, nahm sich preiswerte Regisseure und Schauspieler. Fast alle Filme kosteten weniger als eine Million Dollar; das Meisterwerk "Sindbads 7. Reise", das wegen der furchterregenden, riesigen Zyklopen und anderer Fabelwesen vor knapp fünfzig Jahren für Erstaunen sorgte, gerade mal 650.000 Dollar.

Harryhausens Vorliebe für das antike Europa ließ ihn Filmideen entwerfen, die ihn in die Alte Welt brachten. Seit dem 1957er Streifen "Die Bestie aus dem Weltraum", in dem ein haushohes Monster Rom verwüstet, wurden alle Filme in Europa gedreht. Vor allem die spanische Küste und Mallorca erwiesen sich als passende exotische Kulisse für die farbenprächtigen Fantasy-Filme der kommenden Jahre, die Fabelwesen aus dem Orient und der griechischen Mythologie sowie Buchmotive von Jules Verne und Jonathan Swift umsetzten. In London lernte Harryhausen auch seine spätere Frau Diana kennen, eine Urenkelin des Afrika-Forschers David Livingstone. Aus ihrer Ehe ging 1964 eine Tochter hervor.

Der Aufwand, eine dreißig Zentimeter große Figur glaubhaft und mannshoch in einen Film zu kopieren, war immens. Kämpfte Sindbad gegen ein Skelett, so mußte der Schauspieler erst mit einem menschlichen Gegner üben, um dann mit dem Säbel nur Luft zu zerschneiden. Später wurde das Gerippe per Miniaturprojektion so eingefügt, daß es aussah, als ob beide ihre Klingen kreuzen würden. Für eine drei Minuten lange Sequenz in "Jason und die Argonauten", bei der gleich sieben Skelette zu bewegen waren, brauchte Harryhausen vier Monate. Von Film zu Film erarbeitete sich Harryhausen mehr Verantwortung, vom Assistenten bis zum Produzenten. Er arbeitete Ideen aus, zeichnete Entwürfe, schrieb zum Teil das Drehbuch und wählte Orte aus. In "Kampf der Titanen" zog der Künstler 1982 noch einmal alle Register. Doch die Zeit der Modell-Animation war vorbei. Computer begannen einzuziehen. Für Harryhausen wie für Schneer war es der letzte Film.

1992 erhielt Harryhausen für sein Lebenswerk einen Oscar, 2003 einen Stern auf dem Hollywood Boulevard. Er lebte mit seiner Frau bis zu seinem Tod 2013 in London, erstellte Bronze-Modelle und besuchte Conventions.

Den überwiegenden Teil seines Lebenswerks hat er dem Filmmuseum Berlin überlassen. Dort im Sony-Center sind die Zyklopen, Drachen und Zentauren zu sehen.