This is Dynamation Ray Harryhausens geniale Erfindung
von Albert Maly-Motta
Willis O'Brien, der Stopmotion-Meister und Schöpfer von "King Kong",
war auch Lehrer und Mentor des jungen Ray Harryhausen. Ray arbeitete an "Mighty
Joe Young" mit und sah dabei den Aufwand, der bei O'Briens klassischer Technik
getrieben wurde: Aufwendige Glasmalereien, Miniaturdekorationen, komplizierte
Mehrfachbelichtungen. Diese Verfahren bedingten einen großen
Mitarbeiterstab und waren auch damals bereits sehr teuer. Nach Beendigung
der Dreharbeiten an Mighty Joe Young war ihm klar, dass diese Technik nicht
bei Filmen eingesetzt werden konnte, die mit einem niedrigen Budget auskommen
mussten.
Als die Produzenten von "The Beast From 20.000 Fathoms" an ihn herantraten,
setzte er daher ein neues Verfahren erstmals ein, das ihm ermöglichte,
die gesamten Trickarbeiten praktisch im Alleingang auszuführen. Er hatte
die Grundlagen der Technik bei seinen experimentellen Arbeiten in 16 mm gefunden.
Er selbst hat dafür die Bezeichnung "reality sandwich" geprägt,
die erst bei "The Seventh Voyage of Sinbad" ihren Markennamen "Dynamation",
später "Dynarama" fand. Nur durch die Entwicklung dieser Technik konnte
er im kommerziellen Film seine Nische finden. Sein Mentor O'Brien blieb bei
der aufwendigen Technik und konnte daher nie mehr einen Film mit der
Komplexität von "King Kong" realisieren. Die Wichtigkeit des
Dynamation-Verfahrens und damit die Verdienste des Erfinders Harryhausen
sind bisher eher übersehen worden.
Beim Dynamation-Verfahren agiert das Trickmodell vor einer
Rückprojektionsfläche, einem in einen Rahmen gespannten folienartigen
Material. Von der Rückseite her projiziert ein speziell gebauter Projektor
den Hintergrund für die Trickszene. Die Kamera nimmt Modell und projizierten
Hintergrund als ein Bild wahr, wenn die Ausleuchtung des Modells mit dem
Hintergrund in Übereinstimmung gebracht wird. Der Projektor besitzt
einen hochpräzisen Transport-Mechanismus, in dem ein sog. Sperrgreifer
das Filmband während der Projektion in einer genau definierten Position
hält. Die Hintergrundaufnahme wird einzelbildweise projiziert, so dass
der Animator Aktionen der Modellfigur genau auf den Hintergrund abstimmen
kann.
Um nun eine Figur scheinbar hinter einem projizierten Haus hervorkommen zu
lassen, wird auf einer großen Glasscheibe, die zwischen Kamera und
Modellaufbau steht, eine schwarze Maske aufgebracht. Diese kann mit schwarzer
Farbe auf die Scheibe gemalt oder aus Papier geschnitten sein. Sie muß
genau den Teil hinter dem die Figur erscheinen soll abdecken.
Ist dieser Aufbau eingerichtet, bewegt der Animator die Figur durch die Szene.
Nach Beendigung der Animation werden Kamera und Projektor auf das erste Bild
zurückgefahren. Die schwarze Maske auf der Glasplatte wird durch eine
genau passende Gegenmaske ersetzt und das Modell mit der Laufbrücke,
auf der es festgemacht ist, aus dem Bild genommen. Anschliessend setzt man
Kamera und Projektor wieder in Tätigkeit und belichtet den vorher
abgedeckten Teil nach. Ergebnis: Ein wieder "zusammengeschweißtes"
Realbild, in dem die Figur agiert. Nun ist klar, warum sowohl Kamera als
auch Projektor bei diesem Verfahren einen hochgenauen Bildstand aufweisen
müssen. Falls dies nicht der Fall ist, zittern die separat belichteten
Teile der Bildkombination gegeneinander und verraten den Trick. Natürlich
wird das Verfahren auch verwendet, um die Figur scheinbar auf dem projizierten
Boden des Hintergrundbildes stehen zu lassen. Soll sie dabei einen Schatten
werfen, muß ein Stück Modellboden verwendet werden, der in Struktur
und später auch Farbton genau an den Hintergrund angepasst sein muß.
Mit diesem System war es mit wenig Aufwand möglich, komplizierte
Trick-Kombinationen zu erstellen. Harryhausen konnte einige der für
Mighty Joe Young vom Techniker Harry Cunningham gebauten Projektoren erwerben.
Diese Geräte sind so solide gebaut, dass sie zusammen mit einer antiken
Mitchell-Kamera aus den Zwanzigerjahren, bis hin zu "Clash of the Titans"
ihren Dienst getan haben.
Das prinzipielle Verfahren ist also relativ einfach, aber der Teufel steckt
in den Details, und es ist nur der Hartnäckigkeit von Ray Harryhausen
zuzuschreiben, dass seine Trickaufnahmen so gut aussehen. Hier nur einige
der Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt:
Natürlich war die Anwendung von Dynamation in den Zeiten des
Schwarzweißfilms wesentlich einfacher als bei Farbfilm. Bei "20 Million
Miles To Earth" konnte Ray bereits auf einen besonders feinkörnigen
Film zurückgreifen, der den Qualitäts-Unterschied zwischen den
Realbildern und den rückprojizierten und daher wesentlich unschärferen
Trickaufnahmen fast nicht mehr wahrnehmbar machte. Für "The Seventh
Voyage" musste Harryhausen auf Drängen seines Produzenten Schneer erstmals
mit Farbfilm arbeiten und sah sich auf Film-Material zurückgeworfen,
das denkbar ungeeignet für sein Trickverfahren war. Das projizierte
Bild wirkt körnig, die Farben sind deutlich anders und der Kontrast
steigt beim Abfilmen an, was bewirkt, dass die dunklen Stellen im Bild
"absaufen".
Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, musste Ray lange Experimente
durchführen. Er entwickelte eine Technik, durch Vorbelichten des Materials
für die Rückprojektion den Kontrast abzuschwächen. Ausserdem
entfernte er bei den Dreharbeiten für die Hintergründe die sogenannte
"Academy mask" aus der Filmkamera. Diese Maske deckt im Bildfenster der Kamera
einen Bereich ab, auf den später die Tonspur aufbelichtet wird. Entfernt
man die Maske, geht das Bildfenster von der linken bis zur rechten Perforation
des Films. Größeres Negativ bedeutet weniger Korn. Eine
geringfügige, aber deutliche Qaulitätssteigerung ist die Folge.
Sieht man die Steigerung der Qualität in den Trickaufnahmen zwischen
"Seventh Voyage" und "Clash of the Titans", kann man ermessen, dass diese
Probleme Ray keine Ruhe gelassen haben. Ab "Golden Voyage" konnte er auf
einen für die BBC entwickelten Spezialfilm zurückgreifen, der für
die Fernseh-Abtastung entwickelt worden war. Damit erreichte die Qualität
seiner Aufnahmen ein neues Niveau.
Sein Leben lang hat Ray Harryhausen um diese Techniken ein Geheimnis gemacht,
wahrscheinlich, um sich vor Nachahmern zu schützen. Hier in Deutschland
waren diese Verfahren bis in die Achtzigerjahre hinein völlig unbekannt.
Erst durch die Trick-Enthusiasten Frank Schlegel und Armin Lange wurden
hierzulande mit "Dynamation" vergleichbare Trickaufnahmen realisiert. Auch
das ansonsten sehr raffiniert arbeitende DEFA Studio für Trickfilm setzte
dieses Verfahren nicht ein.
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